Trondenes

2000 Jahre Geschichte in Trondenes, von der Jungsteinzeit über die Wikinger bis zur Adolfkanone

Trondenes
links das Historical Center und rechts die Kirche von Trondenes


Trondenes liegt nördlich des Stadtzentrums von Harstad. Hier befinden sich die historische Kirche, das Historical Center, eine der am besten erhaltenen Festungen des Atlantikwalls und die Überreste eines sowjetischen Kriegsgefangenenlagers aus dem Zweiten Weltkrieg. Reichlich Geschichte aus unterschiedlichen Epochen, eingebettet in eine beeindruckende Natur im Landschaftsschutzgebiet.

Karte
Laugen-See, Historical Center und Kirche

Mareca penelope
weibliche Pfeifente (Mareca penelope)
auf dem Laugensee

Melanitta fusca
weibliche Samtente (Melanitta fusca)
auf dem Laugensee


Der Laugensee war vor 5.000 Jahren eine Meeresbucht. Er wurde vom Meer abgeschnitten und ist heute ein von Sumpfpflanzen umgebener Süßwassersee. Der Name stammt vermutlich vom altnordischen "laug" ab, das in etwa Bad oder Badeplatz bedeutet. Der Legende nach wurden die ersten Christen in dieser Gegend im Jahr 999 im See getauft.

Der See und das umliegende Naturschutzgebiet sind bekannt für ihre Artenvielfalt. Mehr als 40 Vogelarten sind hier zu finden, darunter gefährdete Arten wie Ohrentaucher und Samtenten. Neben kleinen Nagetieren wurden auch Otter, Nerze, Füchse und Hasen beobachtet. Es ist nicht ungewöhnlich, Elche beim Grasen am Wasser zu sehen. Rund 200 verschiedenen Farn- und Blütenpflanzen locken zahlreiche Insekten an.


Trondenes Historical Center

Tore Hund
Tore Hund

Das Museum "Trondenes Historical Center" befasst sich mit der Geschichte von Trondenes und den umliegenden Gebieten. Das Museum zeigt mehr als 2.000 Jahre Geschichte in der Region, von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart, wobei der Schwerpunkt auf der Wikingerzeit und dem Mittelalter liegt.

Die Region Harstad war einst ein Machtzentrum der Wikinger. Zu den örtlichen Häuptlingen gehörte Tore Hund, einer der bedeutendsten Wikingerhäuptlinge in Nordnorwegen. Er unternahm als Forschungs- und Handelsreisender verschiedene Expeditionen und diente mehrmals in den Streitkräften von König Knut dem Großen, im 11. Jahrhundert Herrscher über ein nordisches Großreich, das England, Dänemark, Norwegen und Südschweden umfasste. Tore Hund war zudem einer der Anführer der Stiklestad-Bauernfraktion, die sich dem norwegischen König Olav II. Haraldson (später Olav der Heilige) entgegenstellte. Er soll zu den Häuptlingen gehört haben, die den König 1030 in der Schlacht von Stiklestad töteten. Die Schlacht von Stiklestad gehört zu den bekanntesten Schlachten der norwegischen Geschichte.

Der Beginn der Wikingerzeit wird datiert auf das Jahr 793, dem ersten bekannten Wikingerüberfall auf das Kloster Lindisfarne in England. Das Ende der Wikingerzeit wird mit dem Jahr 1066 in Verbindung gebracht. Harald III. Hardråd, König von Norwegen, starb beim erfolglosen Versuch England zu erobern in der Schlacht von Stamford Bridge. Sein Sohn Olav Kyrre übernahm den norwegischen Thron bis zu seinem Tod 1093. Darauf folgte dessen Sohn Magnus Barfot. Dieser starb 1103 und gilt als der letzte Wikingerkönig. 

Ihre Plünderungen führten die Wikinger u.a. nach Flandern (820), Sevilla (844), Paris (845) und Konstantinopel, das heutige Istanbul (860). Auch das Rheinland wurde nicht verschont. Sie überfielen unter anderem die alten Römerstädte Köln (862), Bonn (882), Xanten (864 und 883), Trier (882 und 892) und die Kaiserstadt Aachen (881). Auch zahlreiche Klöster wurden zerstört, einschließlich ihrer Bibliotheken, in denen Schriftsammlungen aus mehreren Jahrhunderten aufbewahrt wurden.

Die Wikinger waren nicht nur brillante Krieger, sondern ebenso exzellente Bauern, Handwerker, Seefahrer und Händler. Sie gründeten viele Städte und Kolonien, darunter Dublin in Irland und die Region Normandie in Frankreich. Zwischen den Jahren 879 und 920 kolonialisierten sie Island, das wiederum zum Sprungbrett für die Kolonialisierung Grönlands wurde. Erik „der Rote“ Thorvaldsson gründete dort die erste skandinavischen Siedlung. Leiv Eiriksson schaffte es um das Jahr 1000 bis nach Nordamerika, 500 Jahre vor Christoph Kolumbus.

Den Wikingern wird gerne nachgesagt, sie hätten Helme mit Hörnern getragen. Diese Art Helme wären im Kampf eher hinderlich, zudem hätte jeder Feind den Helm mit einem Hieb auf die Hörner herunterschlagen können. Die Legende wurde populär durch die Uraufführung von Wagners „Der Ring des Nibelungen“ aus dem Jahr 1876, in der die Nordmänner Helme mit Hörnern trugen. Keine historische Tatsache, sondern lediglich der Fantasie der beteiligten Künstler entsprungen. Sicher ist aber, dass die Wikinger tatsächlich Hörner verwendeten - als Gefäß für Met.

Bronzekessel

Der Bronzekessel wurde in einem Moor auf Bjarkøya (eine Insel nördlich von Trondenes) gefunden. Er wurde auf 275 n. Chr. datiert. Es wird angenommen, dass es sich um einen Opferkessel handelt. Er fasst fast 250 Liter und ist damit der größte seiner Art in Norwegen. Teure Gegenstände wie dieser sind ein Hinweis darauf, dass Bjarkøya bereits in der Eisenzeit ein Machtzentrum in Nordnorwegen war.

Bronzekessel

Das Altarbild aus der Kvæfjord Kirche. Kvæfjord ist eine Kommune etwa 20 Kilometer westlich von Trondenes. Der Kvæfjord-Altar wurde um 1510 in Lübeck hergestellt. Im Mittelpunkt steht der Heilige Olav steht, umgeben von anderen populären Heiligen der Zeit. Die Heiligenfiguren stammen ebenfalls aus der Kirche von Kvæfjord.

Bronzekessel

Während des Zweiten Weltkriegs gab es in Trondenes ein Arbeitslager für bis zu 1.200 Gefangene. Das Museum zeigt in seiner Ausstellung u.a. die Gefangenenkarten von 410 sowjetischen Kriegsgefangenen, die in Trondenes gestorben sind. Sie enthalten u.a. Name, Alter, Beruf, Zeitpunkt der Gefangennahme, Zeitpunkt des Todes und Todesursache.


Die Kirche von Trondenes - Gotteshaus und Verteidigungsanlage

Die Trondenes-Kirche (norwegisch: Trondenes kirke) ist die nördlichste mittelalterliche Steinkirche Norwegens und das nördlichste erhaltene mittelalterliche Gebäude der Welt.

Der Bau begann um 1180, der Chor wurde erst um 1250 fertiggestellt. Zu dieser Zeit wurden auch große Teile des Mauerwerks des Kirchenschiffs bis zu einer Höhe über den Fenstern errichtet. Um 1250 kam es jedoch zu einem Baustopp - vielleicht fehlte es an Geld. So bestand die Kirche 150 Jahre lang aus einem Chor und einem Kirchenschiff ohne Dach. Um 1400 wurde der Bau fortgesetzt.

Außenansicht der Kirche von Trondenes
Kirche von Trondenes

Innenansicht der Kirche von Trondenes
Blick in die Kirche von Trondenes

Die Wände wurden vollständig zugemauert, die große Westfassade wurde errichtet und das Holzdach aufgesetzt. Die Kirche war nun fertiggestellt. Die Glocken der Kirche hingen einst an einem Turm, doch da dieser längst abgerissen wurde, läuten die Glocken heute von einem kleinen Turm auf dem Friedhof.

Auffällig sind die dicken Mauern und die hoch oben positionierten schmalen Fenster. Diese sehen eher aus wie Schießscharten und nicht wie Kirchenfenster. Vom 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war Nordnorwegen den Angriffen der Karelier ausgesetzt, eines finnischsprachigen Volkes. Die königliche Macht war weit weg, daher war man darauf angewiesen, sich selbst verteidigen zu können. Ais diesem Grund wurde die Kirche als Verteidigungsanlage konzipiert.

Eine Besonderheit sind die drei spätmittelalterlichen Flügelaltare, die in der zweiten Hälfte des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts in einer Lübecker Werkstatt hergestellt wurden. Die Orgel stammt aus dem Jahr 1790 und ist eine der ältesten in Nordnorwegen. Oberhalb der Kirche befindet sich der Laugensee, an dem ab 999 die ersten Christen in der Gegend getauft wurden.


Trondenes Middelaldergård

Trondenes Middelaldergård ist die Rekonstruktion eines Bauernhofs aus der Zeit um 1200. Grundlage für den Nachbau sind Erkenntnisse archäologischer Ausgrabungen und schriftlicher Quellen. Gezeigt wird das Leben auf einem norwegischen Bauernhof einer durchschnittlich wohlhabenden Fischer- und Bauernfamilie. Die meisten Gebäude wurden von Handwerkern des Sør-Troms Museum in Zusammenarbeit mit der NTNU (Norwegisch Technische und Naturwissenschaftliche Universität, Fachbereich für Traditionshandwerk und technische Bauerhaltung) mit traditionellen Werkzeugen und Bautechniken hergestellt. Durch Rollenspiele und Theaterstücke vermitteln Hausfrau Jorunn, das Dienstmädchen Frøydis und die übrigen Bewohner Einblicke in das Leben und das Arbeiten auf dem Hof.

Im Zentrum der Anlage steht die Årestue (Rauchstube). Der Name kommt von "åre" und bedeutet Feuerstelle ohne Schornstein. Zum Kochen und Heizen entzündete man ein offenes Feuer in der Mitte des Fußbodens im Wohnzimmer. In der Decke befindet sich eine Öffnung, durch die der Rauch abziehen kann. Durch sie fällt auch das Sonnenlicht in den fensterlosen Raum. Die Feuerstelle dient in der dunklen Jahreszeit und in der Nacht als Lichtquelle, zudem gab es einfache Lebertranlampen. Das Wohnzimmer war der zentrale Raum für das Familienleben und zumeist auch der einzige Raum. Hier wurde gekocht und gegessen und geschlafen. Die Wände des Hauses wurden mit einer dicken Torfschicht isoliert, die ganzjährig angenehme Temperaturen ermöglichte.

Ein weiteres wichtiges Gebäude ist die Schmiede, in der die Arbeitsgeräte für den Haushalt und die Feldarbeit hergestellt werden, zum Beispiel Pflüge, Schaufeln, Nägel und Scharniere. Sie wurde in der gleichen Bauweise errichtet wie die Årestue, jedoch ohne die umliegende Torfmauer.

Eine wichtige Aufgabe für die Frauen auf dem Hof war der Leinenanbau. Der Flachs wird während der kurzen Sommersaison angebaut, geerntet, eingeweicht, getrocknet und in einem mühsamen Prozess zu Leinenfäden verarbeitet. Schließlich wurden die Fäden gewebt. Zudem gibt es einen Kräutergarten und eine kleine Weide für das Vieh.


Kong Øysteins Kirke
Kong Øysteins Kirke

Die Årestue (Vorderansicht)
Die Årestue (Vorderansicht)

Die Årestue (Innenansicht)
Die Årestue (Innenansicht)

Die Årestue (Rückansicht)
Die Årestue (Rückansicht)

Der Flachs wird getrocknet
Der Flachs wird getrocknet

Ziegen
Ziegen im Middelaldergård

Blick von der Schmiede auf den Hof
Blick von der Schmiede auf den Hof

Blick in die Schmiede
Blick in die Schmiede


Im Mai 2020 wurde die "König Øysteins Kirche" im Middelaldergård errichtet. Nach der Legende befahl König Øystein (Øystein Magnusson, Sohn von Magnus Barfot) im Jahr 1114 in Trondenes eine Kirche zu bauen. Funde in der heutigen Trondenes-Kirche deuten darauf hin, dass sich diese erste Kirche an genau der gleichen Stelle befand und dass es sich um eine Stabkirche handelte. Stabkirchen sind hölzerne Kirchen aus senkrecht stehenden Masten, den sogenannten Stäben, auf denen die gesamte Dachkonstruktion ruht. Das genaue Aussehen dieser Stabkirche ist nicht bekannt. Daher wurde die Stabkirche aus Holtålen (Provinz Trøndelag) als Vorbild gewählt. Sie entstand um 1170 und gilt als die nördlichste noch erhaltene Stabkirche in Norwegen.


Adolfkanonen und Gefangenenlager

Nördlich der Kirche von Trondenes befindet sich ein großes militärisches Sperrgebiet. Hier befindet sich eine der am besten erhaltenen Festungen des Atlantikwalls. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die norwegische Marine die Anlage, die bis 1964 einsatzbereit blieb. Sie wurde nicht restauriert, aber ist dennoch in einem sehr guten Zustand. Die Anlage kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden.

Erbaut wurde die Anlage 1942 von den Deutschen, um den nördliche Einfahrt in den Hafen von Narvik zu schützen. Insgesamt wurden drei Batterien mit zehn Adolfkanonen (so deren offizielle Bezeichnung) gebaut. Diese Geschütze wurden ursprünglich von der Firma Krupp zur Ausrüstung von sechs neuen Super-Schlachtschiffen hergestellt. Der Auftrag für die Schlachtschiffe wurde aber gestrichen und stattdessen die Kanonen im Atlantikwall verwendet. Verantwortlich für den Bau war die Organisation Todt, die dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition unterstand und vor allem für Baumaßnahmen in den von Deutschland besetzten Gebieten eingesetzt wurde. Die Bauarbeiter waren russische Kriegsgefangene, die im angerenzenden Lager untergebracht wurden. Es wird geschätzt, dass 800 Kriegsgefangene in Trondenes starben, etwa 400 konnten identifiziert werden. Ihre Daten wurden auf den Gefangenenkarten im Trondenes Historical Center festgehalten. Das sowjetische Denkmal wurde am 22. Juni 1945 enthüllt. Das Lager wurde im Herbst 1946 niedergebrannt. Einige wenige Mauerreste sind noch zu sehen.

Denkmal
Denkmal für die Opfer des russischen Gefangenenlagers

Gefangenenlager
Reste des Gefangenenlagers

Gefangenenlager
Reste des Gefangenenlagers



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