Singapur

Zu Besuch in der Löwenstadt

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Blick auf die drei 55-stöckigen Hoteltürme des Marina Bay Sands

Singapur ist ein Insel- und Stadtstaat in Südostasien. Er liegt vor der Südspitze der Malaiischen Halbinsel und wird von dieser durch die Straße von Johor getrennt. Mit einer Fläche von 728,6 Quadratkilometern hat Singapur das kleinste Staatsgebiet Südostasiens. Das entspricht in etwa der Fläche von Hamburg (755 Quadratkilometer). Bei rund sechs Millionen Einwohnern ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von fast 8.300 Einwohnern pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Hamburg sind es etwa 2.500. 

Am 6. Februar 1819 gründete Sir Thomas Stamford Raffles, Handelsagent der Britischen Ostindien-Kompanie, die erste britische Niederlassung. Dieses Datum wird als Geburtsstunde des modernen Singapur betrachtet. Aufgrund seiner geographischen Lage entlang der Schifffahrtswege zwischen China und Europa wuchs die Bedeutung von Singapur als Umschlaghafen schnell an.

Seit 1965 ist Singapur unabhängig, aktives Mitglied der Vereinten Nationen und Mitglied im Commonwealth of Nations. Amtssprachen sind Malaiisch, Mandarin, Tamil und Englisch, wobei Malaiisch die Nationalsprache ist. Neben Hongkong gilt Singapur als wichtigster Finanzplatz Asiens, ist eine der reichsten Städte (oder Länder) der Welt und zugleich eine Stadt mit den weltweit höchsten Lebenshaltungskosten.

Singapur
Karte
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merlionDer Name Singapur entstammt dem Sanskrit und setzt sich zusammen aus Singha (Löwe) und Pura (Stadt), wörtlich übersetzt "Löwenstadt". Wahrzeichen und Schutzpatron der Stadt ist Merlion, ein Fabelwesen mit einem Fischkörper und mit einem Löwenkopf. Der Fischkörper (Mer) symbolisiert den Ursprung des Lebens aus dem Wasser und die Verbundenheit der Stadt mit dem Meer. Der Löwe (lion) steht für Stärke und Furchtlosigkeit. Diese Kunstfigur wurde 1964 von Alec Fraser-Brunner im Auftrag der Tourismuskommission als Logo für die Stadt entwickelt. 

Die Legende erzählt von Sang Nila Utama, einem Prinzen aus Palembang, einer Stadt im Südosten der Insel Sumatra. Es ist eine der ältesten Städte Südostasiens und war viele Jahrhunderte lang die Hauptstadt des buddhistisch geprägten Reichs von Srivijaya. Damals war Singapur ein Außenposten von Srivijaya und wurde Temasek (Küstenstadt) genannt. Im Jahr 1299 kam Sang Nila Utama bei der Überfahrt von der nahegelegenen Insel Bintan in einen schweren Sturm. Das Schiff drohte zu sinken. Das Abwerfen des Gepäcks brachte keine Besserung. Erst als Sang Nila Utama seine Krone ins Meer warf, legte sich der Sturm. In Temasek angekommen, entdeckte er im Dschungel einen Löwen. Beeindruckt von der Begegnung benannte er Temasek in Singapur (Löwenstadt) um. Er kehrte nicht nach Bintan zurück, sondern errichtete stattdessen eine neue Siedlung. Heute weiß man, dass zu keiner Zeit Löwen in dieser Region gelebt haben, es war vermutlich ein Tiger.

Flagge SingapurDie Flagge Singapurs wurde am 3. Dezember 1959 das erste Mal offiziell gehisst. 1963 trat Singapur der Föderation Malaya bei, mit der man gemeinsam den Staat Malaysia gründete. Nach nur zwei Jahren verließ Singapur die Föderation und erklärte 1965 seine Unabhängigkeit.

Die Nationalflagge besteht aus zwei gleich großen Streifen. Rot symbolisiert die universelle Brüderlichkeit und Gleichheit der Menschen, Weiß steht für Reinheit und Tugend.

In der oberen linken Ecke ist ein weißer Halbmond dargestellt, daneben fünf weiße Sterne. Beim Entwurf der Flagge musste Rücksicht auf die verschiedenen ethnischen Gruppen genommen werden. In Anlehnung an die chinesische Flagge wurden von der chinesischen Bevölkerung fünf Sterne gefordert. Die Malaien verlangten, dass der Halbmond als Ausdruck des Islams auf der Flagge seinen Platz findet. Um beiden Anforderung gerecht zu werden, wurden ein Halbmond und fünf Sterne abgebildet - im Unterschied zu den Flaggen islamischer Länder, bei denen der Halbmond mit nur einem Stern üblich ist.

Singapur verfügt über wenig Land, um Regenwasser zu sammeln und zu speichern. Schon zur Kolonialzeit wurde Wasser aus Malaysia importiert. Das aktuelle Abkommen mit Malaysia endet 2061. Heute genießt Singapur internationale Anerkennung als Modellstadt für Wassermanagement. Abwasser wird mithilfe modernster Technologien gereinigt und trinkbar gemacht. Bis 2060 soll 55% des Wasserbedarfs auf diese Weise gedeckt werden. Singapur verfügt über eine der größten Meerwasser-Umkehrosmoseanlagen Asiens. Die Entsalzungskapazitäten werden stetig ausgebaut und sollen bis 2060 etwa 25% des Wasserbedarfs decken. Der restliche Bedarf kommt von den zahlreichen Reservoiren. Zudem ist man bestrebt, die Öffentlichkeit zu gewinnen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen, Wasser besser zu schützen und weniger zu verschwenden.

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Blick auf Marina Bay

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Gewächshaus in Marina Bay

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Finanzzentrum

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Seilbahn zwischen Mount Faber und der Insel Sentosa

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Reflections, Luxus-Wohnprojekt in Keppel Bay

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Sonnenuntergang über dem Meer


Eng verbunden mit dem Wassermanagement ist das Bestreben nach einer grünen Architektur und einer grünen Infrastruktur. Die Regierung hat das Ziel ausgegeben, bis 2030 achtzig Prozent der Gebäude nachhaltig zu gestalten. Singapur soll keine Stadt mit Gärten werden, sondern ein Stadt im Garten. Dächer und Fassaden werden mit Pflanzen begrünt. Dadurch wird die städtische Hitze reduziert und die Luftqualität verbessert. Dächer sollen so konstruiert werden, dass möglichst viel Regenwasser gesammelt werden kann.

Straßen nehmen etwa zwölf Prozent der Fläche Singapurs ein, mehr soll es auch nicht werden. Man setzt auf ein gut durchdachtes öffentlichen Nahverkehrssystem mit dem Ziel, dass achtzig Prozent der Haushalte innerhalb von zehn Gehminuten einen Bahnhof bzw. eine Haltestelle erreichen. Neue Straßen werden nur gebaut, um den öffentlichen Nahverkehr mit Bussen zu unterstützen oder um neu erschlossene Gebiete zu bedienen. Wo immer möglich, soll Straßenraum zurückgewonnen werden, um mehr Grünflächen, Fußgängerwege und Radwege zu schaffen. Wer ein Auto zulassen will, muss ein Zertifikat ersteigern, das bei einem Mittelklasse-Pkw schnell 100.000 Euro erreichen kann. Dieses Zertifikat gilt nur für 10 Jahre. Dazu kommen die Kosten für den extrem hohen Anschaffungspreis und die heftigen Steuern. Die Anzahl der Zertifikate ist limitiert. Man ist bestrebt, die Zahl der Fahrzeuge zu verringern. Mit den Einnahmen werden Wohnungen und öffentlicher Nahverkehr subventioniert. Es sind also weniger die Autos, die das Stadtbild prägen, sondern vielmehr Straßenbäume, Grünanlagen, Parks, Teiche und Seen. Gute Voraussetzungen auch für heimische Tierwelt:

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männliches Bankivahuhn
(Gallus gallus)

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weibliches Bankivahuhn
(Gallus gallus)

Corvus splendens
Glanzkrähe
(Corvus splendens)

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Javamainas
(Acridotheres javanicus)

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Hirtenmaina
(Acridotheres tristis tristis)

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Riffreiher
(Egretta sacra)

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Javapfeifgans
(Dendrocygna javanica)

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Weißbauchseeadler
(Icthyophaga leucogaster)

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Almana-Pfauenauge
(Junonia almana)

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Oriental Blue Dasher
(Brachydiplax chalybea)

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Orientfeuerlibelle
(Crocothemis servilia servilia)

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Tawny Coster
(Acraea terpsicore)


In Singapur gibt es rund 300 Gärten und Parks. Bereits bestehende Anlagen werden durch Park Connectors verbunden. Das sind Grünflächen, die es ermöglichen, nahtlos von einem Grünareal zum nächsten zu wandern. Bis 2030 soll jeder Singapurer nicht weiter als zehn Minuten zu Fuß von einem Park entfernt leben. Einige dieser Parks haben wir besucht:

Sungei Buloh Wetland Reserve


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Paradies-Schmuckbaumnatter 
(Chrysopelea paradisi)

Das Sungei Buloh Wetland Reserve befindet sich im Nordwesten und umfasst etwa 130 Hektar. Es ist das erste von vier Feuchtgebieten, das in Singapur unter Naturschutz gestellt wurde. Ausschlaggebend war unter andem die ungewöhnlich große Vielfalt an Vogelarten. Darunter sind zahlreiche Zugvögel, die auf ihrem Weg von Sibirien nach Australien einen Zwischenstopp einlegen. Der Park erstreckt sich über das Mündungsgebiet von drei Flüssen und beherbergt Mangrovenwälder, Seen, kleine Tümpel und nachgewachsenen Regenwald (secondary forest). Mehr als 120 Vogelarten wurden bereits registriert. Außerdem leben hier Bindenwarane, Schlangen, Krebstiere, Schlammspringer, Wasserschildkröten, Pfeilschwanzkrebse und Leistenkrokodile. Am Eingang zum Park gibt es ein Besucherzentrum mit einer Ausstellung zur hiesigen Flora und Fauna. Drei Rundwege führen auf Holzstegen direkt durch die Mangrovenwälder. Für das gezielte Beobachten der Tiere gibt es Beobachtungsstände und Aussichtstürme.

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Ein See im Sungei Buloh Wetland Reserve

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Beobachtungshütte am Wasser

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Mangroven

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Indo-Pacific Horseshoe Crab
(Tachypleus gigas)

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Großer Schlammspringer
(Periophthalmodon schlosseri)

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Spottail Needlefish
(Strongylura strongylura)

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Milchstorch
(Mycteria cinerea)

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Silberklaffschnabel und Mittelreiher
(Anastomus oscitans und Ardea intermedia)

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Leistenkrokodil
(Crocodylus porosus)

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Hinterindischer Bindenwaran
(Varanus salvator macromaculatus)

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Bananenhörnchen
(Callosciurus notatus)

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Mangrove Saint Andrew's Cross Spider
(Argiope mangal)

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Rötlicher Marschgleiter
(Rhodothemis rufa)

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Spine-tufted Skimmer
(Orthetrum chrysis)

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The Sultan
(Camacinia gigantea)

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weiblicher Red Grasshawk
(Neurothemis fluctuans)

Neurothemis fluctuans-1
männlicher Red Grasshawk
(Neurothemis fluctuans)

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Oriental Blue Dasher
(Brachydiplax chalybea)


MacRitchie Reservoirs


Das MacRitchie Reservoir ist der größte und älteste Stausee in Singapur. Er wurde 1868 angelegt und nach dem Ingenieur James MacRitchie benannt. Heute liegt er in einem Naturschutzgebiet, umgeben von mehr als 500 Hektar Sekundärwald und den letzten Überresten primären Regenwaldes. Es gibt verschiedene Wanderwege, die zwischen drei und elf Kilometer lang sind. Ein im wahrsten Sinne des Wortes "Höhepunkt" ist die 250 Meter lange Hängebrücke, die einen Blick aus der Vogelperspektive auf die Pflanzen und Tiere in den Baumkronen ermöglicht. Der Tree-Top-Walk wurde 2004 eingeweiht, der höchste Punkt über dem Waldboden beträgt 25 Meter.

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Blick vom Tree-Top-Walk
auf das Naturschutzgebiet

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Blaue Bauchdrüsenotter
(Calliophis bivirgatus)

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Einer der Wanderwege

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Waglers Bambusotter
(Tropidolaemus wagleri)

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Javaneraffe mit Jungtier
(Macaca fascicularis)


Southern Ridges


Die Southern Ridges sind ein 47 Hektar großes Gebiet, das mehrere Parks entlang des südlichen Bergrückens von Singapur verbindet. Da sind Mount Faber Park, Telok Blangah Hill Park, Kent Ridge Park, HortPark und das Labrador Nature Reserve. Es gibt mehrere miteinander verbundene Wanderwege in einer Gesamtlänge von etwa zehn Kilometern, darunter der Marang Trail, der Faber Trail und mit Hendersen Waves die höchste Fußgängerbrücke Singapurs. Sie verbindet den Mount Faber Park und den Telok Blangah Hill Park, ist 274 Meter lang und 36 Meter hoch. 

Das Naturschutzgebiet wird verwaltet vom National Parks Board (NParks), Singapurs führender Behörde für Grünflächen, den Erhalt der Artenvielfalt sowie die Gesundheit, das Wohlergehen und das Management von Wildtieren und anderen Tieren. In 2010 hat NParks rund 200 Bäume aus 38 einheimischen Arten in den Southern Ridges gepflanzt, um einheimischen Vögeln wie Nashornvögeln und Fruchttauben Schutz und Nahrung zu bieten. Damit sollten auch einheimische Vögel, die früher dort nisteten, aus ihren derzeitigen Nestern in den tiefen Waldgebieten wieder zurück in dieses Gebiet gelockt werden.

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Schwarzzügelbülbül
(Pycnonotus goiavier)

Pycnonotus goiavier-1
Schwarzzügelbülbül
(Pycnonotus goiavier)

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Perlhalstaube
(Spilopelia chinensis)

Acridotheres javanicus-1
Javamaina
(Acridotheres javanicus)

Orthotomus ruficeps-1
Grauschneidervogel
(Orthotomus ruficeps)

Callosciurus notatus
Bananenhörnchen
(Callosciurus notatus)

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Labrador Nature Reserve and Nature Park

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Labrador Nature Reserve and Nature Park

Long Ya Men
Long Ya Men - Drachenzahn-Tor

Einst bildeten zwei Felsvorsprünge ein Tor am westlichen Eingang zum Keppel Harbour. Eines stand am Ufer der Insel Sentosa, das zweite in der Nähe des heutigen Labrador Parks. Einer Legende nach sind die beiden Felsvorsprünge die beiden Hügel von Temasek. Sie werden Long Ya Men (Torbogen der Drachenzähne) genannt, da sie zwei Drachenzähnen ähneln, zwischen denen ein Wasserlauf fließt. Die Passage wurde jahrhundertelang von asiatischen und frühen europäischen Seefahrern genutzt, um Singapur zu umsegeln.

Zheng He (1371-1433) war ein chinesischer Admiral der mit großen Flotten zwischen 1405 und 1433 von der ostchinesischen Stadt Nanjing aus sieben große Expeditionen in den Pazifik und den Indischen Ozean unternahm. Dabei bekämpfte er nicht nur erfolgreich die Piraterie, sondern erforschte auch die Meere bis nach Arabien und Ostafrika. Seine Dschunken sollen dabei mehr als 50.000 km zurückgelegt haben. Bei der Navigation in den Gewässern um Singapur sollen ihm Long Ya Men sehr geholfen haben.

William Farquhar, der erste britische Kommandant von Singapur ließ 1819 einen neuen Hafen bauen. 1848 wurden die beiden Felsvorsprünge  gesprengt, um die Einfahrt zum neuen Hafen zu verbreitern.


Zum 600. Jahrestag der Jungfernfahrt von Zheng HeIm wurde im Juli 2005 eine sechs Meter hohe Replik des Long Ya Men in der Nähe seines ursprünglichen Standorts errichtet. Damit möchte man an die historischen Reisen von Zheng He erinnern und gleichzeitig verhindern, dass Long Ya Men, als einen wichtiger Teil der Seefahrtsgeschichte Singapurs in Vergessenheit gerät.