Schuppenkriechtiere (Squamata)

Die Systematik der Lebewesen - die Schuppenkriechtiere (Squamata)

Mit rund 11.000 Arten stellen die Schuppenkriechtiere einen erheblichen Teil der Landwirbeltiere. Etwa 96% aller rezenten Reptilienarten zählen zu den Schuppenkriechtieren. Mit Ausnahme der Antarktis besiedeln sie alle terrestrischen Lebensräume.

Die Benennung beschreibt die Beschuppung der Epidermis (= der Oberhaut). Sie dient als Schutzschild gegen infektiöse Erreger und schützt vor Austrocknung. Reptilien wachsen lebenslang. Da die Epidermis nicht mit wächst, wird sie regelmäßig erneuert. Nachdem eine neue Epidermis gewachsen ist, wird die alte Haut abgestreift, bei vielen Echsen in Fetzen. Schlangen streifen die Haut oft im Ganzen ab. Viele Geckos fressen sie unmittelbar nach der Häutung auf.

Als erste Gruppe sind die Schlangenschleichen (Dibamia) gelistet. Sie haben als einzige Schuppenkriechtiere eine einspitzige Zunge.

Kladogramm Squamata

vereinfachte Darstellung der Schuppenkriechtiere Squamata in Anlehnung an Nicolas Vidal, S. Blair Hedges: The phylogeny of squamate reptiles (lizards, snakes, and amphisbaenians) inferred from nine nuclear protein-coding genes.

Alle anderen Schuppenkriechtiere werden in das Taxon Bifurcata gestellt. Diese haben eine in unterschiedlichem Ausmaß ausgeprägt zweispitzige Zunge. Das gilt allerdings nicht für die Chamäleons, deren Zunge sekundär zu einem hochspezialisierten Fangapparat umgebildet ist. 

Die Bifurcata teilen sich in die Geckoartigen, deren Schlüpflinge einen paarigen Eizahn besitzen, und die Unidentata, die nur einen Eizahn haben. Innerhalb der Unidentata werden Scinciformata und Episquamata unterschieden. Zu den Scinciformata gehören die Skinke, die Gürtelechsen und die Nachtechsen. Die Episquamata bestehen aus den Laterata, zu denen einige sonst zu den Skinkartigen gerechnete Familien gehören und den Toxicofera. Die Fähigkeit Toxine (=Gift) zu erzeugen, wurde nur einmal im Verlauf der Stammesgeschichte entwickelt. Der gemeinsame Vorfahre aller Toxicofera soll vor etwa 230 bis 200 Millionen Jahren gelebt haben. Inzwischen hat man auch in Ober- und Unterkiefer der Östlichen Bartagame (Pogona barbata), giftproduzierendes Drüsengewebe gefunden. Auch beim Komodowaran wurden Giftdrüsen in den Unterkiefern nachgewiesen. Bisse von Komodowaran, Buntwaran und dem Gebändertem Baumwaran werden nicht mehr ausschließlich mit Bakterieninfektion in Verbindung gebracht, sondern als Resultat einer aktiven Giftsekretion interpretiert. Zu den Toxicofera gehören die Schlangen, die Schleichenartigen und die Leguanartigen. 


Squamata (Schuppenkriechtiere) [OPPEL, 1811]

Dibamia (Schlangenschleichenähnliche Kriechtiere) [GASC, 1968]

  • Dibamidae (Schlangenschleichen) [BOULENGER, 1884]


Bifurcata (Gabelzungenkriechtiere) [VIDAL & HEDGES, 2005]

Gekkota (Geckoartige) [CUVIER, 1817] bilder

  • Pygopodomorpha (Flossenfußartige) [VIDAL & HEDGES, 2005]
  • Gekkomorpha [VIDAL & HEDGES, 2005]

Unidentata (Einzahnkriechtiere) [VIDAL & HEDGES, 2005]

  • Scincomorpha oder Scincoidea (Skinkartige) [CAMP, 1923]
    • Familie Scincidae (Skinke) [GRAY, 1825] bilder
    • Cordylomorpha (Gürtelechsenartige) [VIDAL & HEDGES, 2005]
      • Familie Cordylidae (Gürtelschweife oder Gürtelechsen) [MERTENS, 1937] bilder
      • Familie Gerrhosauridae (Schildechsen) [FITZINGER, 1843] bilder
      • Familie Xantusiidae (Nachtechsen) [BAIRD, 1858]

  • Episquamata (Höhere Schuppenkriechtiere) [VIDAL & HEDGES, 2005]
    • Laterata (Fliesenschuppenträger) [VIDAL & HEDGES, 2005]
      • Gymnophthalmoidea [FITZINGER, 1826] oder Teiformata [VIDAL & HEDGES, 2005]
      • Lacertibaenia [VIDAL & HEDGES, 2005]
        • Lacertiformata [VIDAL & HEDGES, 2005]
          • Familie Lacertidae (Echte Eidechsen) [GRAY, 1825] bilder
        • Amphisbaenia (Doppelschleichen) [GRAY, 1844]
          • Familie Amphisbaenidae (Eigentliche Doppelschleichen) [GRAY, 1865]
          • Familie Bipedidae (Zweifuß-Doppelschleichen) [TAYLOR, 1951]
          • Familie Blanidae [KEARNEY & STUART, 2004]
          • Familie Cadeidae [VIDAL & HEDGES, 2007]
          • Familie Rhineuridae (Florida-Doppelschleichen) [VANZOLINI, 1951]
          • Familie Trogonophidae (Spitzschwanz-Doppelschleichen) [GRAY, 1865]

    • Toxicofera (Giftdrüsenträger) [VIDAL  & HEDGES, 2005]

      • Serpentes (Schlangen) [LINNAEUS, 1758]
        • Überfamilie Acrochordoidea (Warzenschlangenverwandte) [BONAPARTE, 1831]
          Die Familie der Warzenschlangen besteht aus nur 3 Arten von ungiftigen, nachtaktiven Schlangen, die vorwiegend im Wasser leben. Sie ernähren sich hauptsächlich von Fischen. An Land wirken sie unbeholfen, denn sie haben am Bauch keine Schuppen. Ihr Verbreitungsgebiet ist Australien, Indien und Südostasien.
        • Überfamilie Uropeltoidea [MÜLLER, 1832]
        • Überfamilie Pythonoidea (Pythonartige) [FITZINGER, 1826]
        • Überfamilie Booidea (Boaartige) [GRAY, 1825]
          • Familie Boidae (Riesenschlangen) [GRAY, 1825] bilder
        • Überfamilie Colubroidea (Nattern- und Vipernverwandte) [OPPEL, 1811]
          • Familie Colubridae (Nattern) [OPPEL, 1811]
            • Unterfamilie Ahaetuliinae [FIGUEROA, MCKELVY, GRISMER, BELL & LAILVAUX, 2016]
            • Unterfamilie Calamariinae (Zwergschlangen) [BONAPARTE, 1838]
            • Unterfamilie Colubrinae (Eigentliche Nattern) [OPPEL, 1811] bilder
            • Unterfamilie Dipsadinae (Schneckennattern) [BONAPARTE, 1838] bilder
              Schneckennattern sind eine Gruppe kleiner in Nord-, Mittel- und Südamerika vorkommender Schlangen. Ihre Größe beläuft sich auf 40 bis 120 cm. Sie ernähren sich bevorzugt von Schnecken, daher die deutsche Bezeichnung. Ihr Kiefer ist darauf spezialisiert, die Weichtiere aus ihrem Gehäuse herauszuholen. Dazu führen sie ihren Unterkiefer in das Gehäuse ein und ergreifen mit ihren vorne verlängerten Zähnen mit einer Drehung die Weichteile der Beute und ziehen sie anschließend aus dem Gehäuse heraus.
            • Unterfamilie Grayiinae [MEIRTE, 1992]
            • Unterfamilie Natricinae (Wassernattern) [BONAPARTE, 1838] bilder
            • Unterfamilie Pseudoxenodontinae [MCDOWELL, 1987]
            • Unterfamilie Sibynophiinae [DUNN, 1928]
            • incertae sedis (Arten, die keiner Unterfamilie innerhalb der Familie Colubridae zugeordnet sind)
        • Überfamilie Elapoidea 
          • Familie Atractaspididae (Erdvipern) [GÜNTHER, 1858]
          • Familie Cyclocoridae [WEINELL & BROWN, 2017]
          • Familie Elapidae (Giftnattern) [BOIE, 1827] bilder
            Unter den 250 Giftnatter-Arten befinden sich viele mit hochwirksamen Nervengiften, zum Beispiel Taipane, Kobras, Mambas oder Tigerottern. Das Gift wird durch die im Kiefer stehenden Giftzähne in ein Beutetier oder in einen Feind injiziert. Die Speikobras haben eine andere Technik entwickelt. Sie speien das Gift zumeist gezielt auf den Kopf des Gegners.
          • Familie Lamprophiidae (Hausnattern) [FITZINGER, 1843] bilder
          • Familie Micrelapidae [DAS, GREENBAUM, MEIRI, BAUER, BURBRINK, RAXWORTHY, WEINELLBROWN, BRECKO, PAUWELS, RABIBISOA, RASELIMANANA, MERILÄ, 2023]
          • Familie Prosymnidae [KELLY, BARKER, VILLET & BROADLEY, 2009]
          • Familie Psammophiidae [BONAPARTE, 1845]
          • Familie Pseudaspididae [DOWLING & DUELLMAN, 1978]
          • Familie Pseudoxyrhophiidae [DOWLING, 1975]
          • Arten, die keiner Unterfamilie innerhalb der Überfamilie Elapoidea zugeordnet sind:
            • Gattung Buhoma [ZIEGLER, VENCES, GLAW & BÖHME, 1997]
              • Buhoma depressiceps [WERNER, 1897]
                • Buhoma depressiceps depressiceps [WERNER, 1897]
                • Buhoma depressiceps marlieri [LAURENT, 1956]
                • Buhoma procterae [LOVERIDGE, 1922]
                • Buhoma vauerocegae [TORNIER, 1902]
        • Überfamilie Scolecophidia (Blindschlangenartige) [COPE, 1864]
        • Aktuell nicht zu einer Überfamilie zugeordnet:
          • Familie Aniliidae (Rollschlangen) [STEJNEGER, 1907]
          • Familie Bolyeriidae (Boylerschlangen) [HOFFSTETTER, 1946]
          • Familie Homalopsidae (Wassertrugnattern) [GÜNTHER, 1864] bilder
          • Familie Pareidae (Asiatische Schneckennattern) [ROMER, 1956]
          • Familie Tropidophiidae (Erdboas) [BRONGERSMA, 1951]
          • Familie Viperidae (Vipern) [OPPEL, 1811] bilder
            Alle ca. 300 Arten der Vipern (oder Ottern) sind Giftschlangen. Die Giftzähne liegen in einer Bindegewebsfalte im Gaumendach und werden beim Aufreißen des Mauls senkrecht zum Oberkiefer aufgerichtet. So können die Zähne tief in die Beute eindringen. Ihr Gift zerstört Blutzellen und Gewerbe, außerdem wird die Blutgerinnung gestört. Die Folge sind Blutungen und schmerzhafte Schwellungen. Das Gift einiger Arten hat zusätzlich neurotoxische Bestandteile, die das Nervensystem schädigen und Lähmungen verursachen.
          • Familie Xenodermidae (Höckernattern) [GRAY, 1849]
          • Familie Xenophidiidae (Stachelkieferschlangen) [WALLACH & GÜNTHER, 1998]

      • Iguania (Leguanartige) [COPE, 1864]
        • Acrodonta [Cope, 1864]
          • Familie Agamidae (Agamen) [GRAY, 1827] bilder
            Agamen kommen in Europa, Afrika, Asien und Australien vor. Sie zeigen eine erstaunliche Formen- und Verhaltensvielfalt. Sie bewohnen trockene Wüsten, Steppen und Wälder. Flugdrachen der Gattung Draco können von einem Baum zum anderen gleiten, Dornteufel (Moloch horridus) haben ein System aus mikroskopischen Rillen in ihrer Haut, um Wasser aus Regenfällen oder die Feuchtigkeit aus dem Nebel zum Maul zu transportieren. Agamen haben exzellente Augen und ein gutes Gehör. Der Geruchssinn ist trotz des Vorhandenseins von Riechzellen im Nasengang und dem Jacobson-Organ nicht stark entwickelt.
          • Familie Chamaeleonidae (Chamäleons) [RAFINESQUE, 1815] bilder
            Auffällige Merkmale der Chamäleons sind der gedrungener Rumpf, der hohe Rücken und der kompakte Schädel, die unabhängig voneinander bewegbaren Augen, die Greifhände, die zur Jagd einsetzbare lange Zunge und die Farbwechselfähigkeit. Der Farbwechsel dient in erster Linie zur Kommunikation mit den Artgenossen. Auch äußere Faktoren (Temperatur, Sonneneinstrahlung oder Luftfeuchtigkeit) wirken sich auf das Erscheinungsbild aus. Mehr als 200 Arten sind beschrieben, davon kommen 40% ausschließlich auf Madagaskar vor. Die artenreichste Gruppe sind die Echten Chamäleons (Chamaeleoninae). Sie sind i.d.R. größer, haben einen langen Schwanz und eine stark ausgeprägte Farbwechselfähigkeit. Die zweite Gruppe bilden die Stummelschwanzchamäleons (Brookesiinae). Sie sind recht klein, haben nur einen rudimentären Schwanz, sind eher unauffällig gefärbt und weisen auch nur eine geringe Farbwechselfähigkeit auf.
        • Pleurodontae [Cope, 1864]
      • Anguimorpha (Schleichenartige) [Fürbringer, 1900]
        • Paleoanguimorpha (Waranartige) [VIDAL & HEDGES, 2009]
          • Shinisauroidea (Krokodilschwanzechsenverwandte) [AHL, 1930]
            • Familie Shinisauridae (Krokodilschwanzechsen) [AHL, 1930] bilder
              Die Chinesische Krokodilschwanzechse ist der einzige Vertreter dieser Familie. Die sehr seltene Reptilienart kommt in freier Wildbahn nur noch an zwei Orten vor, davon eine in Vietnam und eine zweite mit ca. 700 Exemplaren in der chinesischen Provinz Guangxi. Die an ein Krokodil erinnernde Beschuppung des Schwanzes ist für die Benennung dieser Art verantwortlich.
          • Varanoidea (Waranverwandte) [MERREM, 1820]
        • Neoanguimorpha (Echte Schleichenartige) [VIDAL & HEDGES, 2009]
          • Familie Helodermatidae (Krustenechsen) [GRAY, 1837] bilder
            Das bevorzugte Nahrungsspektrum der Krustenechsen besteht aus Kleinsäugern, Nagern und Vögeln. Lange Zeit galten die sie als die einzigen giftigen Echsen. Inzwischen wurden Gifte auch bei anderen Arten, z.B. den Komodowaranen nachgewiesen. Krustenechsen setzen ihr Gift selten bei der Jagd ein, sondern eher bei ihrer Verteidigung.
          • Diploglossa (Schleichenartige) [COPE, 1864]
            • Xenosauroidea (Höckerechsenverwandte) [COPE, 1866]
            • Anguioidea (Schleichenverwandte) [OPPEL, 1811]

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